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Althistoriker Bilik: “der historische Jesus wäre heute eher Teil der radikalen Siedlerbewegung”


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Veröffentlicht am März 31st, 2013 | von Humanist News

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Wien. (HN, Cahit Kaya) Es gibt den Jesus der gläubigen Christen, die in ihm das große Vorbild für die Menschheit sehen. Sie erkennen in ihm und im Neuen Testament nur die Betonung des Guten und den Erlöser.

Aber es gibt auch den anderen Jesus, der vielleicht nicht der nette Kerl von nebenan war, wie er in religiösen Kreisen gesehen wird. Es gibt die These, Jesus sei ein unerbittlicher jüdischer Nationalist (und religiöser Fanatiker) gewesen.

War Jesus eine historische Figur?

Die Evangelien, die vom Leben Jesus berichteten, wurden viele Jahrzehnte nach seinem Tod verfasst. Die meisten Evangelisten haben Jesus nie selbst gesehen und schildern lediglich ihren Glauben (an ihn), nicht aber historische Fakten über Jesus’ Leben. Die Evangelien werden heute als ein wirksames Instrument begriffen, den Glauben zu verbreiten. Und dazu bedurfte es einer starken Geschichte und eines “Helden”, wie wir sie auch aus Hollywood-Filmen heutiger Zeit kennen.

Selbst wenn Jesus wirklich gelebt haben sollte, wir wissen nicht, ob die Berichte über ihn wahr sind – vermutlich nicht. Und dennoch lässt sich daraus die Denkweise ableiten, die zur Entstehung der Texte führte. Und die Denkweise, die das spätere Christentum prägen sollten. Und diese Texte sollen im weiteren Artikel interpretiert werden.

Jesus wäre heute im Umfeld radikaler jüdischer Siedler anzutreffen

Althistoriker Bilik

Althistoriker Bilik

Althistoriker und Vorstandsmitglied des österreichischen Freidenkerbundes Ronald Bilik interpretiert die alten Texte über Jesus historisch-wisenschaftlich. Er kommt auf folgendes Ergebnis: “Viele Christen glauben heute naiverweise, dass Jesus, wenn er heute leben würde, vermutlich ein Mitglied der – weitgehend säkularen – israelischen Friedensbewegung wäre. In Wirklichkeit würde er sich eher im Umfeld der religiös-nationalistischen Fundamentalisten und radikalen Siedler wiederfinden.”, erklärt

Die moderne Wissenschaft versuchte Jesus' Aussehen zu rekonstruieren: so oder so ähnlich sahen die Menschen seiner Zeit und Region aus

Die moderne Wissenschaft versuchte Jesus’ Aussehen zu rekonstruieren: so oder so ähnlich sahen die Menschen seiner Zeit und Region aus

Jesus’ jüdischer Nationalismus

Wenn nun aber gefragt wird, wie Jesus ein jüdischer Nationalist gewesen sein konnte, er aber doch das jüdische Staatswesen so scharf angriff, dem soll ein Vergleich zu heutiger Zeit nahegelegt werden.

Zu den schärfsten Kritikern des Staates und seinen Organen galten immer schon die Nationalisten (egal in welchem Land und welcher Zeit). Sie sprechen diesem alle Befugnis ab und setzten sich stattdessen selbst an die Stelle als selbsternannte Lenker und Richter des Landes. Dementsprechend behalten sie bei, was dazu als nützlich erachtet wird und verwerfen, was als Stütze der Staatsmacht angesehen wird.

Jesus bezeichnet jüdische Gelehrte als Heuchler

Das machte auch Jesus im Markus Evangelium (Mk), als jüdische Gelehrte ihn fragten, warum seine Jünger sich nicht an die Vorgaben der Ältesten hielten (Mk 7,5). Jesus kritisierte daraufhin, dass die jüdischen Gelehrten Gottes Gebote aufgweicht und stattdessen ihre eigenen Regeln eingesetzt hätten. Das widerspricht auch der Behauptung, dass Jesus die Trennung zwischen Staat und Religion anstrebte (“gebt dem Kaiser was des Kaisers ist und Gott, was Gottes ist”). Er forderte die strenge Befolgung religiöser Regeln als Gesetze Gottes.

Er bezichtigt sie der Heuchelei und sprach ihnen das Recht auf Führung der Juden ab, er wollte nun selbst religiöser und politischer Führer sein und berief sich dabei immer auf seinen “Vater”, der ihm diese Mission aufgetragen habe. Damit meinte er Gott persönlich habe ihn auserwählt. Jesus schien von einer gewissen Aggression getrieben zu sein. “Wer nicht mit mir ist, der ist gegen mich” (Mt 12,30), damit schien Jesus Andersdenke pauschal zu Feinden erklärt zu haben.

“Wer Vater oder Mutter flucht, soll des Todes sterben”

Als Beispiel seiner Kritik gegenüber jüdischer Gelehrter, zitierte Jesus Mose (Mk 7,11): “Wer Vater oder Mutter flucht, soll des Todes sterben.” Er prangerte an, dass das jüdische Volk solche und andere Regeln Gottes nicht mehr beachtet habe. Um ein aktuelles Beispiel zu nennen: In den USA forderte der christlich-fundamentalistische Republikaner Fuqua ähnliches. Er war der Meinung, ein Staat könne nur richtig funktionieren, wenn Gottes Wort (die Bibel), wortgetreu befolgt würde (wir berichteten). Demnach sei es angemessen, dass aufmüpfige Kinder getötet werden sollten. Er berief sich dabei allerdings auf das Alte Testament (die Worte Jesus werden dem Neuen Testament zugerechnet). Aber so unähnlich den Worten Jesus erscheint diese Forderung nicht.

Das Buch Deuteronomium (AT) besagt dazu folgendes

Die Verstoßung eines Sohnes

Dtn 21,18
Wenn ein Mann einen störrischen und widerspenstigen Sohn hat, der nicht auf die Stimme seines Vaters und seiner Mutter hört, und wenn sie ihn züchtigen und er trotzdem nicht auf sie hört,

Dtn 21,19
dann sollen Vater und Mutter ihn packen, vor die Ältesten der Stadt und die Torversammlung des Ortes führen

Dtn 21,20
und zu den Ältesten der Stadt sagen: Unser Sohn hier ist störrisch und widerspenstig, er hört nicht auf unsere Stimme, er ist ein Verschwender und Trinker.

Dtn 21,21
Dann sollen alle Männer der Stadt ihn steinigen und er soll sterben. Du sollst das Böse aus deiner Mitte wegschaffen. Ganz Israel soll davon hören, damit sie sich fürchten.

 Jesus taucht unter und bezeichnet Nicht-Juden als Hunde

Im Markus Evangelium (Mk 7,24) wurde geschildert, dass er in eine andere Region weitergewandert sei, wo er möglichst unerkannt bleiben konnte. Zuvor hatte er sich mehrmals über die Sittenlosigkeit der Juden beklagt. Dennoch wurd er von einer Frau erkannt. Sie war Nicht-Jüdin und bat ihn um Hilfe für ihre Tochter, die von einem Dämon besessen gewesen sein soll (Mk 7,24). Dieser Vers betonte auf fast übertriebene Art die nicht-jüdische Abstammung der Frau, sie war Syrophönizierin.

Jesus von ihrer Bitte stark genervt, liess sie wissen (Mk 7,27): “Jesus aber sprach zu ihr: Laß zuvor die Kinder satt werden; es ist nicht fein, daß man der Kinder Brot nehme und werfe es vor die Hunde.” Bereits damals gab es den Vorgänger des Palästina-Israel Konflikts. Jesus sah seine Mission darin, die “verlorenen Schafe des Volkes Israel” wieder zu Gott zu führen. Nicht-Juden kümmerten ihn weniger (siehe Matthäus Evangelium 10,5+6). Mit Kindern meinte er die Juden, mit Hunden die Nicht-Juden, also auch diese Frau.

Jüdische Rassentheorien im Alten Testament?

Das Alte Testament untersagte den Juden Kontakte zu den Völkern Kanaans. Es sollte so vermieden werden, dass es eine Durchmischung des Judentums mit den Heiden und ihrem Götzenglauben kam, der die Juden von (ihrem) Gott fernhalten könnte. Isebel ist im Alten Testament die Frau des israelischen Königs Ahab. Sie war eine sidonitische Prinzessin und soll laut der Bibel den Abfall der Juden vom Glauben vorangetrieben haben. Es wird im Alten Testament bewusst die Angst vor dem “Fremden” geschürt und vor Durchmischung der Völker und anderen Religionen oder Ungläubigen gewarnt. Im obigen Beispiel wurde die Frau als Syrophönizien bezeichnet, was synonym für Kanaanäerin steht. Insofern ist die ablehende und aggressive Reaktion Jesus der “Ausländerin” gegenüber verständlich. Erst als sie weiter bettelte und ihn als den Messias akzeptierte half er ihr und soll angeblich den Dämon aus ihrem Kind ausgetrieben haben. Andere Interpretationen gehen davon aus, dass er sie nur schnell wieder loswerden wollte, sie aber sonst nicht gegangen wäre, hätte er nichts getan.

Dies bestätigt auch Althistoriker Bilik; “Jesus war ein ein jüdischer Nationalist, der seine Mission nur auf reinrassige Juden beschränkte. Nichtjuden, sowie auch Angehörige des Mischvolkes der Samariter, wurden von der Missionierung kategorisch ausgeschlossen. Auch einige seiner Jünger (Petrus, Judas und Simon) wurden aus der nationalistisch-religiösen antirömischen Widerstandsbewegung rekrutiert.”

 

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