Warum ich als säkularer Ex-Muslim das Volksbegehren gegen Kirchenprivilegien unterstütze
Veröffentlicht am März 3rd, 2013 | von Cahit Kaya
Volksbegehren gegen Kirchenprivilegien. Ich bin eine der Nachfolgegenerationen jener Menschen, die aus “islamischen Ländern” flüchten mussten, in der Religion über allem, und gesellschaftlichem Fortschritt stets im Weg stand. Dort ist die Religion über dem Gesetz, wenn nicht das Gesetz selbst – sie ist unantastbar.
Seit kein einziges Verbrechen innerhalb der katholischen Kirche (von Priestern an Kindern begangen) je bestraft wurde, bin ich mir leider nicht mehr sicher, ob Österreich nicht eine Form eines “Gottesstaat light” darstellt. Denn der lange Arm des Gesetzes scheint die Mauern der Klöster nicht zu durchdringen und Justitia ist ohnehin blind.
Wenn zusätzlich die Privilegierung aller Religion auch hier dazu führt, dass der Islamist, alleine weil er sich auf Religion beruft, in der Politik mehr Stimmgewicht hat, als jeder aufgeschlossene Säkulare aus islamisch geprägten Ländern, ja dann ist es Zeit gegen diese Privilegien vorzugehen. Wenn der gläubige Christ und der gläubige Moslem davon überzeugt sind, dass “ihre” Religion die perfekte Lösung für die gesellschaftlichen Probleme darstellen, dann ist das auch ohne jegliche Privilegierung durch den Staat zu schaffen. Im Wettstreit der Ideen und Argumente zu bestehen ist der moderne und vor allem demokratische Weg.
Wenn es aber nicht zu schaffen ist mit den religiösen Inhalten zu punkten, dann ist Religion wohl doch kein so guter Lösungsansatz für die Probleme unserer Zeit. Wenn sie andere Ideen und Lösungsansätze aktiv durch Einflussnahme verhindert, dann wird sie eher Teil des Problems. Nämlich dem Problem, dass Demokratie und freie Wahl der Weltanschauung zugunsten der Religionen eingeschränkt wird.
Und das ist der Punkt: meine Eltern flüchteten einst aus der Türkei nach Österreich, um dem Islamismus und anderen ideologischen Wirrungen des Landes zu entfliehen. Aber wohin soll ich flüchten, wenn die islamistische Minderheit, alleine weil sie sich auf Religion beruft bevorzugt wird und meine Stimme – im “säkularen Österreich” – nicht viel wert ist? Deswegen unterstütze ich das Volksbegehren. Denn solange Religion von Politik und Medien bevorzugt wird, solange degradiert mich Religion zum Menschen zweiter Klasse. Ganz egal welche Religion.